16 November 2010
Lazarus heißt Michael und kommt ursprünglich aus Tansania. Er spricht kein Englisch, darum gehe ich zurück in das Hotel, bitte David den hilfsbereiten Türsteher, dass er mich begleitet und für mich übersetzt. Michael hat in Tansania noch zwei Töchter, wobei die eine 10 Jahre alt ist und die andere älter, schon verheiratet. Ansonsten hat Michael keine Familie mehr, seine Eltern sind gestorben. Bei seinen Kindern kann er nicht sein, da der Ehemann der Verheirateten ihn nicht da haben möchte. Michael wurde von Macheten so verstümmelt und David vermutet, dass es sich bei diesem „Vorfall“ auch um Hexerei drehen könnte. „This is witchcraft – the people there, believe in this things.”
Michael würde mit genügend Geld zurück nach Tansania gehen, David und ich fragen uns nur, wohin? Und dann? Der Fall ist komplizierter, als vermutet. Was habe ich vermutet? Dieser Mensch jedenfalls benötigt Hilfe. Ich mache nun doch ein paar Fotos, da ich sie eventuell für betterplace brauche, dann gebe ich dem Unglücklichen einen Geldschein und gehe mit David zurück in das Hotel. Es ist kurz vor 07:00 Uhr – nun bekomme ich auch ein Frühstück. Eine Stunde später checke ich aus, laufe die Straße zu meiner Bushaltestelle und sitze in einen Kleinbus nach Namanga zur Grenze nach Tansania. Meine Gedanken sind bei Michael und wie ich ihm helfen kann.
Neben mir sitzt „Mamu“ eine Kenianerin, die seit zwanzig Jahren mit einem Deutschen aus Reutlingen verheiratet ist und mit ihm und den drei Kindern, hier bei Nairobi lebt. Sie ist sehr sympathisch und wir unterhalten uns angeregt über Deutschland, Kenia, Gott und die Welt, waehrend der dreistuendigen Fahrt. Ich betrachte das weite Land um mich herum, bin von Afrika begeistert und sehe auch neue Straßen, die in diesen Tagen gebaut werden. In Namanga hilft mir „Mamu“ sehr – wechselt mit mir Geld, bringt mich an den Exit, durch die Einreisestellen und setzt mich in einen Kleinbus nach Arusha. Wir werden uns in Deutschland eventuell wiedersehen, denn sie kommt über Weihnachten mit Familie in die schwäbische Heimat. Ich habe ihr das Restaurant des Imbery wärmstens empfohlen und sie auf ein Weizenbier eingeladen. Sie mag Deutsche Küche und Weizenbier.
Die Fahrt von der Grenze Tansanias in das etwa 150 Kilometer entfernte Arusha ist unspektakulär. Ich habe den bequemen Platz beim Fahrer, es sitzt auch kein dritter Mann vorne, sodass ich die Landschaft genieße, die vielen Baustellen für neue Straßen betrachte und irgendwann auch mal einschlafe. Vor Arusha selbst, wird die Landschaft grüner, das Wetter feuchter und die Straße schlechter. Der Verkehr nimmt zu und schließlich sind wir da. Ein reges Treiben in den Straßen, ich nehme mein Gepäck und laufe etwa drei Minuten zu dem Hotel Miami, das ich von „Mamu“ empfohlen bekommen habe. Es kostet etwa 12 Euro die Nacht für ein kleines und sehr schönes Zimmer, auch soll es über eine gute Küche verfügen. Ich checke ein und teste das kulinarische Angebot. Ich bin zufrieden und esse mich fleischlos satt. Ich bin wieder etwas am kränkeln und todmüde, sodass ich mich gegen einen Erkundungsgang entscheide, dafür einen langen Mittagsschlaf halte.
Gegen 20:00 Uhr wache ich auf und fühle, dass die Erkältung in meinem Körper sich ausbreitet. Ich trinke einen Kaffee, einen Obstsaft, dann gehe ich auf die Straßen Arushas, möchte noch in ein Internetkaffee und vielleicht etwas erleben. Kaum bin ich vor der Tür, steht, wieder einmal, ein freundlicher Junge bei mir, fragt nach meiner hiesigen Adresse, meinem Namen, meiner Telefonnummer und Emailadresse und Sonstigem. Wenigstens ist er kein Student mehr, hat seine Ausbildung als Guide nach eigenem Bekunden schon abgeschlossen. Ich würde gerne alleine durch die Straßen schlendern, doch dies wäre gegen seine Interessen, also laufen wir gemeinsam durch Arusha. „Was ich bräuchte? Was ich unternehmen möchte? Es gäbe eine interessante Snakefarm, nicht weit von hier. Man könnte die nächsten Tage einiges unternehmen…“. Er ist mir nicht unangenehm, die Situation schon. Er hilft mir dabei eine Flasche Wasser zu kaufen, dann gehen wir zurück zum Hotel und ich kann mich mit vielen Umarmungen von ihm verabschieden. Ich bin stolz auf mich, denn ich habe beim Wasserkauf, seine schnellen Hände beobachtet und die geballte Faust anschließend, in der ich mein Wechselgeld vermute. Hier im Hotel sehe ich ein Indiz für meine Vermutungen, denn die Flasche Wasser kostet hier weniger als die Hälfte, was ich auf der Straße bezahlt habe. Naja, es ist kein Beinbruch, dafür eine gute Warnung und für seine Führung eine magere Ausbeute. Nun sitze ich noch schnell an diesem Tagebucheintrag, dann versuche ich wieder zu schlafen. Gute Nacht aus Tansania.