Der heutige Tag beginnt früh, denn ich möchte zur Botschaft von Äthiopien mein Visum beantragen. Gegen 08:00 Uhr verlasse ich das Hotel Carlton und erwische einen jungen Taxifahrer mit weißem Taxi. Die weißen Taxis haben einen Taxameter und da muss ich nicht verhandeln, erlebe keine Überraschungen. So denke ich jedenfalls. Der Fahrer ist ein Raser, so früh am Morgen bin ich das Opfer eines Irren, er hupt ununterbrochen, gefährdet alles und jeden und er hat keine Ahnung wo die Botschaft ist. Ich habe einen Zettel mit der Adresse dabei, ausgefüllt auf Arabisch von Ben Kinsley, doch es nützt nichts. Ich habe den Verdacht, der Fahrer kann nicht lesen. Ich behalte recht, denn irgendwann fängt er an andere Menschen zu fragen und den Zettel zu zeigen. Leider hält er dafür nicht an, sondern unternimmt diese Orientierungsversuche bei voller und halber Fahrt. Ein Polizist kennt die richtige Adresse, denn jene auf meinem Zettel scheint nicht zu stimmen. Wieder volle Fahrt durch Kairo, wieder kein Erfolg. Äthiopien ist in Kairo unauffindbar. Ich schaue nun ständig auf die Uhr, es lenkt mich vom Straßenverkehr ab und ich ahne, dass mein Visum heute nicht mehr zu ergattern ist – wo immer die Botschaft auch sein mag. Endlich stehen wir an einer Einbahnstraße in die das Taxi nicht rein darf. Wir sind anscheinend da, nach über zwei Stunden, in denen ich mehrmals erfolglos versucht habe die Fahrt abzubrechen. Der Taxifahrer will 100 Pound und weißt mir den Weg, den ich zu Fuß bis zur Botschaft zu laufen habe. Ich bezahle ohne zu handeln, obwohl Ben Kinsley meinte, die Fahrt würde etwa 15 Pound kosten. Ich laufe los und finde natürlich keine Vertretung Äthiopiens – hier in dieser Straße war nie eine und es wird auch nie eine hier geben.

Mir ist es egal, ich bin nur noch froh, dass ich von dem Irren weg bin. Mein Kairo Bild ist nun komplett – es reicht endgültig. Ich nehme ein Taxi zurück, halte an einer Kreuzung die ich kenne und laufe die restliche Strecke zum Hotel. Unterwegs buche ich mein Fluchtticket aus Kairo – ich werde morgen um 07:00 Uhr abgeholt, dann geht es nach Dahab – in Richtung Sinai. Auch hier bezahle ich zu viel, wie ich später von Ben erfahren soll. Ich flüchte zurück in mein Hotel, meiner sicheren Oase Kairos. Ich zeige Ben den Weblog und die Bilder im Internet. Er ist begeistert und hält mich nun für einen Topjournalisten. Ich lasse ihn in seinem Glauben, gehe auf das Zimmer und gönne mir einen Mittagsschlaf.  Einen sehr langen Mittagsschlaf.

Nun sitze ich im Restaurant des Hotels und habe zu Abend gegessen. Ich vermeide jetzt jeden Gang nach draußen, lediglich Wasser, Obst und Brote musste ich noch für die morgige Fahrt besorgen, denn dafür ist sonst keine Zeit mehr. Endlich raus aus Kairo – ich freue mich auf Morgen. Auch Wilhelm hat sich mittlerweile per Email gemeldet und er schreibt, dass er sich das Visum für Äthiopien in Khartum besorgen wird. Nun lache ich, der ganze Stress heute Morgen war also völlig unnötig. Oh, Pilger Stephan, Du bist so ein Weltenbummler.

Nachtrag: Vergeblich habe ich in den letzten Tagen nach meinem Sudanesischen Prinzen „Asch“ Ausschau gehalten. Ich hatte gehofft, dass ich Informationen und Kontakte für den Sudan von ihm erhalte. Nun läuft er mir in der Lobby in die Arme, gibt mir seine Telefonnummer und seine Emailadresse für einen Besuch in Khartum.

Selbst wenn ich nicht daran denke – Gott arbeitet an meinem Menschenweg.