Ich bin gestern wohl zu früh ins Bett gegangen. Obwohl ich heute ausschlafen könnte, wache ich mehrmals in der Nacht auf und gegen sechs Uhr geht gar nichts mehr. Ich bin hellwach. Aus meinem Fenster sehe ich die Straßen von Karthum noch in der Dunkelheit, ich überlege wie ich die Zeit zum Frühstück überbrücken kann und entschließe mich dazu, mit den „Blogarbeiten“ zu beginnen. Ich lade Bilder hoch, beschrifte sie und mache mit den Texten weiter.

Gegen halb acht frühstücke ich, dusche mich und beginne meine Pläne für den Morgen in die Tat umzusetzen. Ich möchte heute Geld besorgen, das Visum für Äthiopien beantragen, die Weiterreise abklären und den Rest des Tages mit den Arbeiten an meinem Blog verbringen. Ich habe drei Tage nachzuholen, den heutigen Tag nicht dazugerechnet. Im Hotel bekomme ich eine Bank empfohlen, wo ich eventuell Geld auf meine Visa oder die Travellerschecks bekomme, denn ich brauche hier im Sudan Bargeld, am besten Dollars. Die Bank kann mir nicht weiterhelfen. Mit Visa und anderen Kreditkarten geht im Sudan gar nichts, aber für meine Travellerscheck bekomme ich eine neue Adresse. Ich finde die kleine Bank zu Fuß und habe auch Glück, obwohl ich 4% Gebühren abdrücken muss und ich keine Dollar erhalte, dafür aber Sudanesische Scheine zu einem mäßigen Wechselkurs. Immerhin, ich bin wieder flüssig. Zurück im Hotel besuche ich das Reisebüro, das seine Räumlichkeiten neben dem Plaza hat. Hier werde ich geschockt. Eine sehr freundliche Frau erklärt mir, dass es keine Bus oder Zugverbindung an die Äthiopische Grenze gibt und ich wohl fliegen müsse. Ich erkläre ihr, dass ich das nicht kann und frage nach den üblichen Preisen hier im Sudan für ein gebrauchtes Kamel. Sie lacht, wird dann aber wieder ernst und sieht wirklich keine Möglichkeit, wie ich ohne Flugzeug aus dem Land kommen solle. Ich kaue an dem Knochen und überlege, wie ich die Tour dennoch schaffe, ohne ein Flugzeug zu besteigen. Ich gebe meinen Ausweis, ein Passfoto und 160 Sudanesische Pfund an ihren Kollegen, damit er mir die nötigen Papiere zur Ausreise besorgt.

Natürlich brauche ich wieder einen Stempel und es hat schon Methode in diesem Land, wie den wenigen Gästen von der Regierung das Geld aus der Tasche gezogen wird. Dafür lese ich in den Straßen Karthums, dass die Bürger sich bei ihrem Präsidenten Baschir bedanken, weil er den langen Krieg mit dem Süden beendet hat. Hier im Norden wird er als Held gefeiert, zu mindestens will es die hiesige Propaganda so. Ich erfahre, dass im Januar eine von zwei Abstimmungen ist, darüber ob sich das Land in zwei Teile spalten soll oder nicht. Hier im Norden will man das natürlich nicht, der Süden hätte das ganz gerne. Mir ist es egal, ich will eigentlich nur weiterziehen. In das Reisebüro kommt nun ein älterer Arbeitskollege der Dame, auch er sehr freundlich und er meint es sei gar kein Problem in den Osten Sudans und dann nach Äthiopien weiterzureisen. Dies mit Bus. Er verspricht mir, dass er die Route später zusammenstellt. Ich bin erleichtert und würde gerne mein Visum beantragen, aber mein Reisepass ist ja unterwegs um den „Stempel“ zu bekommen. Ich möchte die netten Menschen in dem Reisebüro auf einen Tee einladen, sie lehnen ab, also gehe ich auf mein Hotelzimmer und arbeite weiter an den Artikeln. Gegen 12:00 Uhr klingelt das Telefon, mein Reisepass ist wieder da. Die Frau geht mit mir auf die Straße, erklärt einem Taxifahrer den Weg zur Äthiopischen Botschaft und handelt mit ihm den Preis aus. Ich bedanke mich bei ihr, dann fahre ich mit dem Taxi los, das Visum besorgen.

Der Fahrer ist nett, das Auto alt und ich genieße die Fahrt, sowie das Gespräch, denn der Fahrer spricht fast fließendes Englisch. Leider ist die Botschaft geschlossen und zu meinem Schrecken erfahre ich, dass sie auch erst am Sonntag wieder aufmacht. Hier ist nun Wochenende und solange sitze ich in Karthum fest. Der Fahrer fährt mich zurück ins Hotel, nicht ohne mich zu sich nach Hause einzuladen. Ich solle seine Familie kennenlernen. Ich überlege es mir, vertröste ihn auf Samstag und schreibe mir seine Telefonnummer auf. Vielleicht besuche ich ihn wirklich , es wäre eine Abwechslung und eine neue Erfahrung. Heute will ich aber meinen Blog auf Vordermann bringen und ich möchte mich etwas pflegen. Ich nieße ständig, meine Nase läuft und ich spüre eine Erkältung heraufziehen. Klimaanlage und draußen 40 Grad – diese Wechselbäder fordern nun Tribut. Hinzu kommen die unregelmäßige Esserei und dies auch noch mit wenig Gemüse und keinem Obst. Ich nehme ein Aspirin und denke daran, dass ich auch bald mit den Malariatabletten anfangen müsste. Ein anderes Problem drückt mich seit Tagen – die Dornwarze an meinem Fuß. Auf dem Mosesberg habe ich noch gescherzt, dass ich zwar keinen brennenden Dornbusch, dafür aber eine brennende Dornwarze gesehen habe und heute scherze ich, dass hätte ich sie die letzten zwei Tage am Hintern gehabt, die Reise schon vorbei wäre. Aber natürlich ist sie mir ein Dorn im Auge – welch geniales Wortspiel.

Was gibt es noch zum heutigen Tag zu sagen? Die Artikel sind online, die Bilder aktualisiert, ich habe wieder Geld in der Tasche und bis Sonntag keinen Plan. Ein Vorurteil über die Sudanesen kann ich jetzt schon bestätigen: Ich habe wirklich noch kein so freundliches und hilfsbereites Volk angetroffen, mit fast keinen Ausnahmen. Lediglich verschiedene Blicke auf der Straße zeigen mir, dass ich nicht willkommen bin und diese Menschen halten mich mit Mütze und dem grünen T-Shirt höchstwahrscheinlich für ein Mitglied der UN-Truppen. Die sind hier im Norden nicht gerne gesehen. Auffällig sind auch die vielen Chinesen und ihre Erzeugnisse im Land, selbst mein Bus war ein chinesisches Fabrikat. Und in meinem Hotel gibt es eine chinesische Speisekarte, chinesische Mitarbeiter an der Rezeption und im Reisebüro, sowie natürlich viele chinesische Hotelgäste. China hat scheinbar die Gunst des Nordsudans gewonnen, während Amerika um den Süden buhlt. Ich als Deutscher höre nur Lob über mein Land, die Autos, die Fußballspieler und über Adolf Hitler. Ich habe es längst aufgegeben darauf zu antworten oder mir den Finger in den Hals zu stecken. Ich mag die Menschen des Sudans und ich bewundere sie, denn das Leben hier ist voller Entbehrungen und dennoch habe sie Würde und sind freundlich, dass es sogar auffällt.

Gott möge den Sudan segnen und die Menschen für Ihre Freundlichkeit belohnen. Gute Nacht.