Dahab – 23 Oktober 2010

Ich nehme Abschied. Sage den Jungs vom Bishbishi auf Wiedersehen, wünsche ihnen Glück für die Zukunft und steige in einen Pickup der mich zum Busbahnhof und junge Touristen zum Schnorcheln bringt. Wieder habe ich neun Stunden Fahrt vor mir in einem der Delta-East-Busse und ich hoffe, dass ich die Reise heute einigermaßen genießen kann. Ich mag keine Busfahrten, die Nachtfahrt mit dem Zug von Kairo nach Assuan stelle ich mir hingegen romantisch vor. Wenn dem nicht so ist, dann kann ich ja in der Ersten Klasse gut schlafen. Die Busfahrt ist angenehm, lang und weilig. Ich habe kein Frühstück gegessen, lediglich ein Ei mit Toast, denn ich möchte heute auf Reisen jeden möglichen Gang auf die Toilette vermeiden. Meinem Magen geht es wieder gut und da kann eine Diät nicht schaden.

Bus Ägypten

Bus nach Kairo

Wieder läuft ein Film im Bus und diesmal amüsiere ich mich über einen ägyptischen Louis de Fune, der herrlich die Augen rollt und dessen“ runing gag“ darin besteht, dass er in brenzligen Situationen sagt „don`t touch me, please don`t touch me“. Alles andere in dem Film wird sonst in Ägyptisch gesprochen und so lächle ich über die rollenden Augen und die Gebärden des Schauspielers.

Gegen 18:00 Uhr erreichen wir in Kairo den Busbahnhof und ich schnappe mir ein günstiges Taxi, welches dafür ohne Licht fährt. Nach zwei Wochen in diesem Land, steigt mein Adrenalin durch diesen gefährlichen Umstand kein bisschen mehr. Es ist normal oder es liegt an mir und das lange Sitzen im Bus hat mich gleichgültig gemacht. In Kairo am Bahnhof hilft mir ein Ägypter mit amerikanischen Wurzeln, denn ohne Hilfe ein Ticket zu kaufen, dass schaffen hier nur die wenigsten Europäer. Es steht alles in Arabisch geschrieben und auch eine Auskunft mit möglichen Sprachkenntnissen sucht man vergebens. Der hilfreiche Mensch zieht mich an den entsprechenden Bahnsteig, setzt mich bei dem Zugpersonal ab und erklärt mir, dass ich das Ticket im Zug kaufen soll. Ich danke ihm. Gegen sieben Uhr geht es schon los, der Zug fährt ein, ich verabschiede mich bei den Männern und suche das Erste Klasse Abteil. Im Wagon hilft mir ein aufmerksamer Ägypter, der in Scharm el Scheich arbeitet und sehr gut Englisch und Deutsch spricht. Ich freunde mich mit ihm an und wir belegen einen Doppelsitz in einem der Wagons. Der Zug fährt los, ich mache es mir bequem und schaue in die Bilder der Nacht.

Wir erreichen den nächsten Bahnhof eine halbe Stunde später und dann beginnt für mich ein Film. Wir müssen unsere Sitze verlassen, haben selbst keine Sitzplatzreservierungen, nicht mal ein Ticket und der Zug ist überfüllt. Wir stehen in einen Zwischengang, setzen uns schließlich auf den Boden. Ich bin erleichtert als der Ticketverkäufer kommt und mein neuer Freund für mich übersetzt, mir beim Kaufen hilft. Die zwölfstündige Zugfahrt nach Assuan soll 120 Pound (etwa 15 Euro) kosten, ich zahle 150 und warte auf mein Wechselgeld, welches der Verkäufer erst noch besorgen muss. Dann liege ich wieder auf dem Boden, versuche irgendwie zu schlafen.

Eine Stunde später etwa, mein Freund ist irgendwo im Zug unterwegs kommt der Ticketverkäufer mit einem Polizisten zurück und gestikulierend beginnen sie eine Konversation mit mir. Fragen nach meinem Begleiter und wo er denn sei? Ich weiß es nicht und will endlich meine 30 Pound zurück und werde langsam bestimmend in meinem Wunsch. Ich würde beide gerne verstehen, aber ihre Bemühungen sind anstrengend und ich bin wegen meiner „Ersten Bodenklasse“ ziemlich gesäuert – denn bezahlt habe ich die Erste Klasse. Sie verschwinden wieder, dann haben sie meinen Freund im Schlepptau und ich erfahre von einem herbeigezogenen Dolmetscher, der 8 Wörter mehr in Englischer Sprache spricht als der Polizist – dass ich ein Partnerticket für uns beide, meinen Freund und mich erworben habe.

Der Polizist will wissen, ob mir das klar sei und ob dies wirklich ein Freund sei? Ich erinnere mich an das Gespräch mit meinem „Freund“ zuvor, dass er nach Hause fahre zu seiner Frau und den zwei kleinen Kindern, dass ein Bekannter sein Auto vor kurzem „geschrottet“ habe und dass mir der Mensch sympathisch war und einen ordentlichen, keinen verschlagenen Eindruck auf mich machte. Nun bin ich mir nicht mehr sicher, doch ich mag hier keinen schlechten Film produzieren, denn die Reise dieses Menschen wäre an der nächsten Polizeistelle zu Ende und ich versichere den aufgeregten Männern, dass die Person sehr wohl ein Freund sei und ich mit ihm reise.

Nun bekomme ich noch mehr Geld zurück und die Versammlung löst sich auf, lediglich der „Dolmetscher“ hat seine Berufung gefunden und warnt mich vor Dieben und Betrügern aller Art, dies eine halbe Stunde lang und ich bin genervt, verdrücke mir einen lauten Ruf, er solle doch meine Kreise bitte nicht mehr stören. Er würde es in keiner Sprache verstehen.

Ich betrachte im Stillen meinen „Freund“ der etwas beträufelt im Gang steht und von dem ich nun überzeugt bin, dass er kein Dieb ist. Er hat nur einen Fehler gemacht, gewusst dass ein Ticket für zwei Personen immer noch unglaublich günstig für einen Europäer ist und dies versucht mir unterzuschieben. Er hat einfach einen Fehler gemacht – versucht eine Gelegenheit zu ergreifen und ich würde nun gerne in seine Gedanken gehen, denn ich bin überzeugt dass er daran kaut.

Unter den Koffern

Sitzen im Zug nach Assuan

Ich kauere mich auch, aber wieder auf den Boden, bis mich der Kofferträger zu einem freien Sitz führt, den ich allerdings an der nächsten Station erneut verlassen muss. Wieder Fußboden – mein Hintern schmerzt und an Schlafen ist nicht zu denken. Gegen ein Uhr bekomme ich dann endlich einen Platz den ich bis zum Ende der Fahrt behalten kann. Ich wache, ich schlafe, dann wache ich wieder bis ich fast nur noch schlafe.

Auch wenn ich davon überzeugt bin, dass mich der Bekannte nicht weiter bestohlen hätte, so bin ich doch wieder etwas hellsichtiger geworden, alles lief zu glatt bisher. Aber ich kann auch über diese Szene lächeln, denn wenn mir Gott bei jeder Gefahr so schnell aufmerksame und hilfreiche Menschen schickt, wie bei diesem (Vor)fall – dann kann ja nichts schiefgehen. Danke.